Wohnimmobilien: Performance-Wende bei den A-, B-, C- und D-Städten

Seit die Analysten von Bulwiengesa im Jahr 1996 erstmals den deutschen Immobilienmarkt in A-, B-, C- und D-Städte unterteilten, hat sich ein sehr starkes Narrativ entwickelt: A-Städte mit niedrigen Renditen und hohen Sicherheitsniveaus aufgrund des eklatanten Wohnungsmangels sowie B- und C-Städte mit höheren Renditen, aber weniger Marktliquidität. In den 2010er-Jahren wurden daraus die „überhitzten A-Städte“ und die „aufstrebenden B- und C-Städte“, häufig „Schwarmstädte“ genannt, während die D-Städte oft als zu unsicher und illiquide galten. Diese nach wie vor omnipräsenten Narrative sollten jedoch spätestens jetzt hinterfragt werden.

Institutional Money.com | Märkte |  Angesichts des Cocktails aus Zinswende, hoher Baukosten und einer zunehmenden Flexibilisierung von Arbeits- und Wohnstandort sind Pauschalisierungen unzutreffender als je zuvor, wie eine kürzlich von uns durchgeführte Studie deutlich zeigt. Stattdessen sorgen divergierende Kauf- und Mietpreisentwicklungen (und die entsprechenden Aussichten) sowie sozioökonomische und demografische Faktoren dafür, dass sich die attraktivsten Investmentstandorte stärker denn je über die Deutschlandkarte verteilen – unabhängig von der Einwohnerzahl.

Metropolen – erstmals sind wieder Premium-Lagen verfügbar

Bis zum Jahr 2022 stiegen die Kaufpreise von Wohnimmobilien in Deutschland unaufhörlich. Angeführt wurde diese Entwicklung – neben einigen Schwarmstädten wie Leipzig oder Dresden – maßgeblich von den sieben deutschen Metropolen Berlin, München, Hamburg, Frankfurt am Main, Köln, Stuttgart und Düsseldorf. In der Folge trübte sich die Rendite-Risiko-Relation ein, da die Preise mitunter nur wenig Luft nach oben boten. Aktuell erleben wir eine gegenläufige Entwicklung: Auch in den A-Städten gaben die Ankaufsfaktoren nach, die Renditen stiegen. Dennoch sind die durchschnittlichen Multiplikatoren nach wie vor deutlich höher als in kleineren Märkten.

Insgesamt erreichen die Metropolen in der Untersuchung grundsätzlich positive Ergebnisse: Frankfurt am Main ist als bestplatzierte Metropole auf dem vierten Rang aller 111 untersuchten Städte. Es folgen München auf Rang sechs und Stuttgart auf Rang zehn. Düsseldorf bildet das „Schlusslicht“ der A-Städte mit Rang 22, wobei auch dort die Bestnote A++ vergeben wurde. Eine Neuigkeit auf den Märkten ist hingegen, dass nun auch Mehrfamilienhäuser an Premiumlagen wie München-Schwabing, in der Kölner Südstadt oder auch im Frankfurter Westend verfügbar sind – was in der Vergangenheit nur sehr selten der Fall war. Somit können professionelle Investoren nun gezielt Transaktionen vornehmen. Auch die nach wie vor hohe Marktliquidität erleichtert hierbei die Investmentvorhaben.

Leipzig, Darmstadt und Potsdam liegen vorne

Angeführt wird das Ranking von den Städten Leipzig, Darmstadt und Potsdam, also von drei Standorten mit unterschiedlicher Einwohnerzahl und Charakteristika. Die Schwarmstadt Leipzig, die inoffiziell als „achte A-Stadt“ gilt, unterscheidet sich in ihrer Marktentwicklung also nochmals von den Metropolen. Leipzig zeichnet das geringstmögliche Standortrisiko aus, was der höchsten Marktattraktivität für wohnwirtschaftliche Investments gleichkommt. 

Insgesamt stehen im Bereich der erzielbaren Rendite vor allem einige Investmentstandorte der zweiten und dritten Reihe eher positiv da, wie Hanau, Ulm und auch Pforzheim. Städte wie Worms, Leverkusen oder auch Hamm dürfen dabei als Hidden-Champions gelten: An diesen Standorten bewegt sich die Marktsicherheit zwar eher im Mittelfeld, dennoch sorgen die überdurchschnittlichen Renditen für Potenzial. Gerade in einem Finanzierungsumfeld, in dem die Zinsen bei ca. vier Prozent liegen können, bieten diese hohen Renditeniveaus auch einen Puffer angesichts eventuell anfallender Zusatzinvestitionen..

Mietpreiswachstum stützt die Märkte – und führt zu Ausweichbewegungen

Ein wichtiger marktprägender Faktor ist der weiterhin angespannte Mietmarkt, sowohl in den Metropolen als auch in den Wachstumsstädten. In Kombination mit wenig Neubau und hoher Nachfrage ist perspektivisch mit steigenden Mieten zu rechnen. Vor dem Hintergrund der Preiskorrektur ist das ein sehr interessantes Investmentumfeld. Insbesondere im Neubausegment sind zudem indexierte Mietverträge, die ein hohes Maß an Inflationssicherheit bieten, immer häufiger. Dementsprechend bietet das Neubausegment unterm Strich eine etwas bessere Rendite-Risiko-Relation als das Segment der Bestandsimmobilien. Dies ist auch aus energetischen Gesichtspunkten der Fall, da Neubauimmobilien bereits hohe Standards erfüllen und auf absehbare Zeit energetisch nicht ertüchtigt werden müssen.

Die stetig steigenden Angebotsmieten haben jedoch noch einen weiteren entscheidenden Effekt. Gerade in den Metropolen sorgen sie dafür, dass ein beachtlicher Teil des Haushaltseinkommens auf die Kaltmiete entfällt. Das hat zur Folge, dass sich immer mehr Menschen für einen Umzug in bezahlbare kleinere, aber attraktive Städte entscheiden. Auch angesichts von Flexoffice-Modellen dürften nicht nur Speckgürtel zukünftig stärker wachsen als die Kernstädte, sondern auch gut angebundene Städte wie beispielsweise Erfurt. Das dürfte unter zukünftigen Rendite-Risiko-Betrachtungen zu einer positiven Entwicklung führen, zumal in Klein- und Mittelstädten unterm Strich ebenfalls zu wenig Neubauten realisiert werden können, um die Nachfrage langfristig zu decken.

Grafik: Ankaufsmultiplikatoren Mehrfamilienhäuser in Deutschland nach Lagequalität
Nach über 10 Jahren steigender  Multiplikatoren kam es 2022 zu einer Trendumkehr

(Durchschnitt der  111 wichtigsten Wohnimmobilienmärkte | Quelle: Lübke Kelber Research)

 

Die Frage nach der Eigentumsbildung hat Auswirkungen auf institutionelle Investoren

Unsere Studie hat noch einen weiteren Trend zum Vorschein gebracht, der aktuell vor allem private Immobilienkäufe betrifft, der perspektivisch entscheidende Auswirkungen auf institutionelle Investments haben kann: Erstmals seit Längerem ist die laufende Belastung in 110 der 111 untersuchten Städte bei einem angenommenen Fremdkapitalanteil von 80 Prozent höher, bei einem Kauf einer Eigentumswohnung, als bei der Miete. Je hochpreisiger die jeweilige Metropole beziehungsweise Mikrolage ist, desto weiter geht diese Schere auseinander. Diese Entwicklung ist für institutionelle Investoren deshalb relevant, da Mietwohnungen an den entsprechenden Standorten noch stärker gefragt sein dürften.

Trotz höherer Zinsen ergeben sich attraktive Investmentopportunitäten

Keine Frage: Das Zusammenspiel der zahlreichen erwähnten Faktoren sorgt dafür, dass die Märkte aktuell deutlich komplexer sind als noch vor wenigen Jahren. Trotz dieser Tatsache und trotz des hohen Zinsniveaus sollten potenzielle Käufer, die über ausreichend Eigenkapital verfügen, sich nicht abgeschreckt fühlen. Tatsächlich bietet der aktuelle Markt ein interessantes Umfeld aus einem engen Mietmarkt mit Wachstumspotenzial und nun niedrigeren, nachhaltigeren Kaufpreisen. Zudem sehen wir eine diverse und breite Angebotsseite mit Potenzialimmobilien in Städten der zweiten Reihe bis hin zu Mehrfamilienhäusern in absoluten Premiumlagen, die in den vergangenen fünf bis zehn Jahren kaum bis gar nicht verfügbar waren. Perspektivisch dürfte das dazu führen, dass die aktuelle Preisdelle überwunden wird und mittel- bis langfristig eine positive Wertänderungsrendite zu Buche schlägt.

 
 
 
 

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